Donnerstag, 22. Januar 2015

Wandern im Land der Hugenotten

Historische Wanderwege auf den Spuren der Hugenotten

Der Hugenottenweg in der Drôme Provençale

Historischer Hintergrund – die Hugenotten in Frankreich

Die Geschichte der Hugenotten in Frankreich ist geprägt von Leid, Unterdrückung und religiöser Verfolgung. Ihren Anfang nimmt sie im 16. Jahrhundert mit Johannes Calvin, der die Kirche in Frankreich reformieren will und eine neue, an Luther orientierte Glaubensrichtung begründet, die vor allem im Süden des Landes schnell Zulauf findet. Doch die religiöse Minderheit wird von den katholischen Machthabern ausgegrenzt, unterdrückt und schließlich in den sogenannten Hugenottenkriegen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts militärisch bekämpft. Ein vorläufiges Ende nimmt der Krieg 1598 mit dem Edikt von Nantes, in dem Heinrich IV. der protestantischen Minderheit in Frankreich Religionsfreiheit und Bürgerrechte gewährt und somit für eine rasche Ausbreitung der Hugenotten sorgt. Doch schon ein knappes Jahrhundert später, 1685, widerruft Ludwig XIV das Edikt und beginnt mit einer erbarmungslosen Verfolgung der Hugenotten im Land, die in eine Auswanderungswelle mündet, die mehrere Jahrzehnte dauern sollte und während der Schätzungen zufolge zwischen 200.000 und 250.000 Protestanten das Land verlassen. Insbesondere in der südfranzösischen Provinz Dauphiné im Département Drôme, die als Hochburg des Protestantismus galt, kommt es zu einer regelrechten Massenflucht in Richtung Deutschland und der Schweiz.

Der Wanderweg

Heute lässt sich die Flucht der religiösen Minderheit auf einem internationalen Wanderweg nachvollziehen. Dieser beginnt in dem kleinen Ort Poët-Laval im Departement Drôme, wo das „Museum des Protestantismus im Dauphiné“ Einblicke in die Geschichte der protestantischen Minderheit und die Hintergründe der Auswanderung gibt. Von dort führt der historische Pfad durch den Wald von Saou, den Naturpark Vercours und durch das Departement Isère, vorbei an Grenoble und Barraux und durch den Regionalpark Chartreuse. Weiter geht es im Departement Savoie, über Chambéry und Aix-les-Bains bis Chautagne. Im Departement Haute-Savoie angekommen, durchwandert man das Rhône-Tal und die Hochebene des Vuache und erreicht schließlich Chancy an der Grenze zur Schweiz ganz in der Nähe von Genf. Danach verläuft der Hugenotten-Pfad durch die Schweiz und Deutschland bis ins hessische Bad Karlshafen, wo der historische Weg nach insgesamt 1800 km endet.

Auf dem gesamten französischen Abschnitt des Hugenotten-Wanderwegs finden sich zahlreiche Hinterlassenschaften der protestantischen Bewegung. Vor allem in den ehemaligen Hochburgen wie Dieulefit, Bourdeaux und Die fühlt man sich in eine andere Zeit und Welt versetzt. Aber auch landschaftlich hat die Route einiges zu bieten: mal führt sie über weite Hochebenen, mal durch unberührte Täler und selbst felsige Gebirgsregionen sind keine Seltenheit. Kein Wunder also, dass sich auch die Pflanzenwelt auf der Strecke immer wieder verändert – von den Lavendelfeldern und Olivenhainen der Drôme provençale bis hin den prächtigen Buchen- und Eichenwäldern des Val de Drôme.

Kreuz an der Grenze zwischen Drôme und Isère Col de Menée

Trotz dieses außergewöhnlichen Natur- und Kulturerbes ist die Gegend um den französischen Hugenotten-Pfad touristisch kaum erschlossen. Um ihre historische Bedeutung bekannter zu machen und die gesamte Route zum europäischen Fernwanderweg auszubauen, wurde im Rahmen des EU-Programms LEADER das Projekt Sur les Pas des Huguenots ins Leben gerufen, das durch Partner in Frankreich, Deutschland, Italien und der Schweiz unterstützt wird. Und das Projekt zeigt Wirkung: Im Januar 2015 wurde der 374 km lange und 29 Etappen umfassende französische Hugenottenpfad durch den französischen Wanderverband Fédération Française de la Randonnée Pédestre offiziell zum GR-Fernwanderweg erklärt.

Auch in Deutschland, wo ein großer Teil der protestantischen Flüchtlinge eine neue Heimat fand, wird die historische Exilroute bei Wanderfreunden immer beliebter. Auf insgesamt 1000 Kilometern führt die Strecke vom Schweizer Grenzort Schaffhausen über die schwäbische Alb, entlang des Neckars, durch den Odenwald, das Rhein-Main-Gebiet und den Taunus bis ins nordhessische Bad Karlshafen, das, speziell für die Glaubensflüchtlinge gegründet, ein Gesamtdenkmal der Hugenottenzeit darstellt. Der Wanderweg ist durchgängig markiert und bietet immer wieder Abstecher, die seine historische und kulturelle Bedeutung besonders deutlich machen. Schließlich ließen sich Ende des 17. Jahrhunderts in Baden-Württemberg und Hessen, im Ruhrgebiet und in Hamburg, in Berlin und Brandenburg, sowie in vielen anderen Teilen Deutschlands viele Tausend Hugenotten nieder, die mit ihrer Sprache, ihren Traditionen und ihren Fertigkeiten die Geschichte des Landes prägen sollten.  





Das erste Stück des französischen Hugenotten-Pfads kann man ab sofort auf einer neuen Wanderreise von France écotours erleben. Die individuelle Tour Auf den Spuren der Hugenotten führt in 7 Tagen von Poët-Laval nach Die und deckt damit einige der sehenswertesten Orte, Burgen und Naturlandschaften ab.

Poët-Laval, Bild: Mejia  


Quellen:
www.surlespasdeshuguenots.eu
www.hugenotten-waldenserpfad.eu
www.hugenotten.de/hugenotten/frankreich.php
www.ffrandonnee.fr/
https://de.wikipedia.org/wiki/Edikt_von_Nantes
http://de.wikipedia.org/wiki/Hugenottenkriege



 

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