Marseille mal anders: zwischen Yoga, Kunst und Multikulti
Quelqu'un veut bien
tomber amoureux de moi? Das Graffiti, das ungefähr mit Will sich nicht
jemand in mich verlieben? übersetzt werden kann, prankt gut sichtbar auf
einem Gebäude unweit des alten Hafens in Marseille. Es ist so leicht sich in
diese Stadt zu verlieben, in seine multikultigeprägten, farbenfrohen,
charmanten, und doch leicht versifften Viertel. Seit Marseille 2013
Kulturhauptstadt war und tausende Touristen in die raue Hafenstadt im Süden
gelockt hat, bin ich mit dieser Meinung auch sicher nicht alleine. Für
Touristen hat Marseille viel zu bieten und man kann mehrere Tage damit füllen,
von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit zu laufen: Der atemberaubende Ausblick
von Notre-Dame-de-la-Garde, der bonne mère, die über ihre
Marseiller und Seefahrer wacht, das älteste Viertel le panier mit der Vieille
Charité, in welcher man regelmäßig wechselnde Kunstausstellungen
besichtigen kann oder in den kühlen Bogengängen Schutz vor der Sonne suchen
kann oder auch der Blick von Bahnhof St Charles, der einem den Atem
raubt sobald man bei der Ankunft aus der Bahnhofshalle ins Freie tritt.
Doch Marseille hat noch
viele andere authentische Seiten, abseits vom Touristengewimmel. Mit dem Bus
sind ist man in null komma nichts in den Calanques, kleine Buchten von hohen
Felsen umgeben und zumindest in der Nebensaison ein perfekter Ruhepol um
Energie zu tanken und den Großstadtlärm abzuschütteln. Selbst im Winter kann
man hier in den windgeschützten Ecken Sonne tanken und den Piniengeruch in sich
aufsaugen. Besonders empfehlenswert sind die callelongues
Wer es am Meer etwas
sportlicher mag, der kann hier Samstag Vormittag sein Yoga-Workout erledigen:
360° Meerblick und Rauschen der Wellen inklusive. Die Kurse finden wöchentlich
ohne Anmeldung in Malmousque statt und man kann sich vor Ort eine Yogamatte
ausleihen. Zudem ist die Yogalehrerin Annie eine sehr sympathische Französin!
Kleiner Tipp: mit den Stadträdern vélibs kommt man vom alten Hafen aus
innerhalb von 15 Minuten ganz unkompliziert am Meer entlang zum Plateau von
Malmousque.
Zurück in der Stadt kann man
vom alten Hafen aus, durch das Multikulti-Viertel Noailles mit afrikanischen
und arabischen Läden über die Rue d'Aubagne und die bunt bemalten Treppen in
das Künstlerviertel am Cours Julien. Die Gebäude, in welchen sich viele Cafés,
Bars, Secondhandboutiquen und kleine Läden mit handgefertigten Besonderheiten
und Accessoires eingerichtet haben, sind wahre Kunstwerke: Die Fassaden sind
alle bunt bemalt und beim Schlendern durch die kleinen Gassen entdeckt man
immer wieder neue Motive und Details. Am cours Julien liegt auch das Café
Equitable: ein atypisches, assoziatives Café. Während man seinen Saft aus der
Region genießt, kann man sich über Themen wie Nachhaltigkeit, Umweltschutz oder
über das abwechslungsreiche Programm mit Filmaufführungen und Workshops informieren.
Wer sich viel bewegt muss
auch etwas in den Magen bekommen. In einer Nebenstraße der rue Paradis mit
Luxusgeschäften, kann man das Country Life entdecken. In dem gemütlichen Laden
kann man zum Beispiel eine vegane Version der foie gras erhalten und der
gesprächsfreudige Besitzer betreibt in den gleichen Räumlichkeiten auch ein
Restaurant mit vegetarischen Gerichten aus Zutaten der Region.
Um die vielen Eindrücke des
Tages zu verarbeiten kann man sich abends, um den Trubel am alten Hafen zu
entgehen, auch einfach mit einem in Marseille gebrauten Bier ein ruhiges
Plätzchen am Meer suchen. Wie wäre es mit einer Flasche von dem bière de la
plaine, das kein Bier für Touristen ist und am besten direkt in der zentral
gelegenen Brauerei mit integriertem Geschäft erhältlich ist?
Und das alles liegt so Nahe:
Wenn die Lust auf Yoga mit Meerblick aufkommt, man die alternativen und
authentischen Seiten von Marseille entdecken, oder einfach die Seele in den
Calanques baumeln lassen möchte, ist man von Frankfurt mit dem TGV in nur acht
Stunden im Süden. Und den Ausblick vom Gare St Charles bei der Ankunft
gibt es gratis zur Zugfahrt dazu.
Christiane Hawlik
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