Freitag, 12. Februar 2016

Marseille mal anders: zwischen Yoga, Kunst und Multikulti


Quelqu'un veut bien tomber amoureux de moi? Das Graffiti, das ungefähr mit Will sich nicht jemand in mich verlieben? übersetzt werden kann, prankt gut sichtbar auf einem Gebäude unweit des alten Hafens in Marseille. Es ist so leicht sich in diese Stadt zu verlieben, in seine multikultigeprägten, farbenfrohen, charmanten, und doch leicht versifften Viertel. Seit Marseille 2013 Kulturhauptstadt war und tausende Touristen in die raue Hafenstadt im Süden gelockt hat, bin ich mit dieser Meinung auch sicher nicht alleine. Für Touristen hat Marseille viel zu bieten und man kann mehrere Tage damit füllen, von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit zu laufen: Der atemberaubende Ausblick von Notre-Dame-de-la-Garde, der bonne mère, die über ihre Marseiller und Seefahrer wacht, das älteste Viertel le panier mit der Vieille Charité, in welcher man regelmäßig wechselnde Kunstausstellungen besichtigen kann oder in den kühlen Bogengängen Schutz vor der Sonne suchen kann oder auch der Blick von Bahnhof St Charles, der einem den Atem raubt sobald man bei der Ankunft aus der Bahnhofshalle ins Freie tritt.

Doch Marseille hat noch viele andere authentische Seiten, abseits vom Touristengewimmel. Mit dem Bus sind ist man in null komma nichts in den Calanques, kleine Buchten von hohen Felsen umgeben und zumindest in der Nebensaison ein perfekter Ruhepol um Energie zu tanken und den Großstadtlärm abzuschütteln. Selbst im Winter kann man hier in den windgeschützten Ecken Sonne tanken und den Piniengeruch in sich aufsaugen. Besonders empfehlenswert sind die callelongues
Wer es am Meer etwas sportlicher mag, der kann hier Samstag Vormittag sein Yoga-Workout erledigen: 360° Meerblick und Rauschen der Wellen inklusive. Die Kurse finden wöchentlich ohne Anmeldung in Malmousque statt und man kann sich vor Ort eine Yogamatte ausleihen. Zudem ist die Yogalehrerin Annie eine sehr sympathische Französin! Kleiner Tipp: mit den Stadträdern vélibs kommt man vom alten Hafen aus innerhalb von 15 Minuten ganz unkompliziert am Meer entlang zum Plateau von Malmousque.
Zurück in der Stadt kann man vom alten Hafen aus, durch das Multikulti-Viertel Noailles mit afrikanischen und arabischen Läden über die Rue d'Aubagne und die bunt bemalten Treppen in das Künstlerviertel am Cours Julien. Die Gebäude, in welchen sich viele Cafés, Bars, Secondhandboutiquen und kleine Läden mit handgefertigten Besonderheiten und Accessoires eingerichtet haben, sind wahre Kunstwerke: Die Fassaden sind alle bunt bemalt und beim Schlendern durch die kleinen Gassen entdeckt man immer wieder neue Motive und Details. Am cours Julien liegt auch das Café Equitable: ein atypisches, assoziatives Café. Während man seinen Saft aus der Region genießt, kann man sich über Themen wie Nachhaltigkeit, Umweltschutz oder über das abwechslungsreiche Programm mit Filmaufführungen und Workshops informieren.
Wer sich viel bewegt muss auch etwas in den Magen bekommen. In einer Nebenstraße der rue Paradis mit Luxusgeschäften, kann man das Country Life entdecken. In dem gemütlichen Laden kann man zum Beispiel eine vegane Version der foie gras erhalten und der gesprächsfreudige Besitzer betreibt in den gleichen Räumlichkeiten auch ein Restaurant mit vegetarischen Gerichten aus Zutaten der Region.
Um die vielen Eindrücke des Tages zu verarbeiten kann man sich abends, um den Trubel am alten Hafen zu entgehen, auch einfach mit einem in Marseille gebrauten Bier ein ruhiges Plätzchen am Meer suchen. Wie wäre es mit einer Flasche von dem bière de la plaine, das kein Bier für Touristen ist und am besten direkt in der zentral gelegenen Brauerei mit integriertem Geschäft erhältlich ist?


Und das alles liegt so Nahe: Wenn die Lust auf Yoga mit Meerblick aufkommt, man die alternativen und authentischen Seiten von Marseille entdecken, oder einfach die Seele in den Calanques baumeln lassen möchte, ist man von Frankfurt mit dem TGV in nur acht Stunden im Süden. Und den Ausblick vom Gare St Charles bei der Ankunft gibt es gratis zur Zugfahrt dazu.


Christiane Hawlik

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