Radfahren mal anders – Critical Mass
Eine kritische Masse (engl.: „Critical Mass“) beschreibt eigentlich die Menge an spaltbarem Material, die von allein eine Kettenreaktion aufrecht erhalten kann. Bei Uran sind das übrigens 16,5 Kilo. Doch was hat Uran mit Radfahren zu tun? Eher weniger. Die kritische Masse dafür um so mehr. Aber der Reihe nach:
Alle Radfahrer kennen das Problem: Man spielt meist nur die zweite oder gar dritte Geige im Straßenverkehr – hinter Lastwagen, Bussen und PKW. Auf den Straßen schieben sich anonyme Blechlawinen herum. Straßen sind kein sozialer Ort mehr, kein Ort der Begegnung. Doch es regt sich kreativer Widerstand. Genauso wie France éocotours etwa mit der Paris à vélo-Radreise die Straßen von Paris zurückerobert, treffen sich in immer mehr Menschen in immer mehr Städten auf der Welt, um gemeinsam Rad zu fahren.
Critical Mass in Prag (Bild: Wikimedia / Hynek Moravec) |
Auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht: Ziel der Teilnehmer ist es nicht, den Verkehr zu behindern – sie sind der Verkehr! Und was unterscheidet eine Critical Mass jetzt von einer Fahrrad-Demo? Auf ihrer Webseite beschreibt sich die Kölner Critical Mass selbst so: „Die Stimmung ist freundlich und entspannt. Es gibt keine formelle Organisation oder Route. Wir sind einfach ein bunter Haufen von Leuten, die durch die Stadt fahren. Während der Tour wird geplaudert und diskutiert. Es entstehen auch Gespräche mit Fußgänger_innen und Autofahrer_innen. Die Idee ist, die Straßen mit Radler_innen, zu überfluten, sodass sich eine sanft verkehrende Masse auf der Straße bewegt. Das macht die Straße sicher, ruhig, weniger verschmutzt und einladend für alle. Durch die Critical Mass wird die Straße für kurze Zeit wieder zu einem öffentlichen Lebensraum.“
Kreative Mobilisierung für eine Critical Mass in Budapest (Bild: Wikimedia / CMD) |
Die Critical Masses finden in Köln regelmäßig statt. Aber nicht nur dort – eine ausführlichere Liste gibt es im entsprechenden Artikel auf Wikipedia. Und auch in Frankreich starten die ersten Critical Masses – und da sogar bis ins letzte Eckchen. So findet im Juli gleich ein dreitätiges Festival zum Thema Fahrrad und Autofreiheit statt. Aber nicht etwa in Paris, sondern in der tiefsten Bretagne, direkt am Meer: in Concarneau. Die Kampagne heißt liebevoll „velorution universelle“, zu deutsch „Allumfassende Fahrrad-Revolution“. Wünschen wir ihr und allen anderen „Velorutionären“ viel Glück, damit Frankreich noch grüner und schöner wird, als es ohnehin schon ist!
Oliver Bernasconi
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